"It's better to burn out, than to fade away ..."

von Gregor Greve

Kultur und Leben

Dass Musik nicht nur Soundtrack unseres Lebens ist, sondern Gefühle, Gedanken, ja ein ganzes Lebensgefühl transportieren und kanalisieren kann, leuchtet ein. Manchmal können aber auch einzelne Zeilen aus Lyrics (wie letztliche alle Formen von Zitaten) ein gruseliges Eigenleben entwickeln und in der Interpretation zu völlig neuen Bedeutungen kommen. So wie das Zitat im Titel dieses Artikels: Als Neil Young diese Zeilen für sein Schlussstück des 1979 erschienen Albums Rust Never Sleeps schrieb, konnte er selbstverständlich nicht ahnen, welche Wirkung sie haben würden. In ihrer ursprünglichen Fassung lauteten sie noch „It's better to burn out, than to rust", aber im Zuge diverser Bühnenauftritte in den Jahrzehnten, die folgten, änderte er selbst den Text zu „fade away".

Hey, Hey, My, My (Into the Black) war alles andere als ein Plädoyer für einen exzessiven (und zumeist selbstzerstörerischen) Rock-Star-Lebenswandel. Vielmehr ist es ein Versuch, Youngs eigenem musikalischen Schaffen eine neue Wende zu geben. Weg von einem ‚weiter wie bisher' hin zu einer neuen – zumeist stark verzerrten – Vor-Form des Grunge. Großen Einfluss auf den Song hatte zum damaligen Zeitpunkt die in England blühende Punkbewegung, die mit allen musikalischen und vor allem gesellschaftlichen Konventionen brach und einen Gegenentwurf zur bisherigen Jugendkultur bot. Am Rande sei bemerkt, dass sich letztendliche jede Jugendkultur irgendwann überholt, spätestens, wenn ihre Akteure und Akteurinnen selbst die Jugendlichkeit hinter sich lassen: der charismatische Frontman der Sex Pistols beispielsweise, Johnny Rotten (bürgerlich John Joseph Lydon), lebt heute im gesetzten Alter von 66 in Los Angeles und pflegt seine an Alzheimer erkrankte Frau.

Youngs Text hat etwas Düsteres, Verstörendes. Dieses düster-deprimierende Timbre lässt sich auf zwei, für Young erschütternde, Vorkommnisse zurückführen, die beide im Song verarbeitet sind. Zum einen den Tod von Elvis Presley am 16. August 1977 „The king is gone but he's not forgotten“ und die kurze (1973-78) aber ereignisreiche Karriere der Sex Pistols und dem Ausstieg eben jenes besagten Johnny Rotten „This is the story of Johnny Rotten“.

Wie gelangen nun gerade die obigen Textzeilen zu ungeahnter trauriger Berühmtheit? Es ist weder der tragische Tod des King of Rock (der je nach Sichtweise nicht thematisiert werden muss - Elvis lebt!) noch die aufziehende Götterdämmerung der gerade erst geborenen Punk-Bewegung. Berühmt wurden sie als Zitat im Abschiedsbrief der am 5. April 1994 tot aufgefundenen Grunge-Ikone Kurt Cobain. Cobain nutzte Youngs Zeilen in der Intention, sie als Spiegel der eigenen Seele und seines Selbstverständnisses als Künstler zu nutzen. Das ist durchaus legitim, wird allerdings der ursprünglichen Bedeutungszuschreibung des Urhebers in keiner Weise gerecht. Geht es diesem doch vielmehr um einen Wandel von Ansichten und des Zeitgeistes und weniger um eine innere künstlerische Zerrissenheit.

Generell lohnt es sich oft, bei Musik auch auf Lyrics und Titel zu achten. Die tragische Geschichte um die psychischen Probleme des Nirvana-Frontmannes hätte eventuell einen anderen Ausgang nehmen können, wenn Zeitgenossen beim Arbeitstitel des letzten Studioalbums der Band In Utero stutzig geworden wären. I hate myself I want to die – diese Worte klingen nur bedingt nach Lebensfreude und positiven Zukunftsplänen …

Andererseits sang auch schon Prince in seinem Song 1999: „But life is just a party, and parties weren't meant to last.“

Gregor Greve

Nach verschiedenen Stationen an deutschen Museen hat es den gebürtigen Kieler ins Münsterland verschlagen. Neben der Betrachtung und Analyse guter Filme ist das Filmemachen eine seiner Leidenschaften. So ist es nicht verwunderlich, dass der Anglist und Medienwissenschaftler der Mann hinter der Kamera des kult-YouTube-Stars Rock McSock ist. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit dem Sammeln (und Spielen) von E-Gitarren, der Unterstützung seines Heimatvereins Holstein Kiel und Konzertbesuchen verschiedenster Stilrichtungen.

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