Mondviole oder Judassilberling
Pflanzennamen mal genauer betrachtetvon Martina Volmer
Kultur und Leben

Beim Blick in meinen Garten sieht man zur Zeit viele Pflanzen violett blühen. Es handelt sich um ein Gewächs, das unter mehreren sehr unterschiedlichen Namen bekannt ist: ‚Mondviole‘ oder ‚Judassilberling‘. Man nennt die Pflanze außerdem auch ‚Judaspfennig‘ oder ‚Silberblatt‘. Botanisch gehört die Pflanze zur Gattung Lunaria. Dies leitet sich vom lateinischen Wort für Mond ‚Luna‘ ab. Die zweijährige Pflanze ist im ersten Jahr nach der Aussaat sehr unscheinbar und klein. Im zweiten Jahr wächst sie schnell kräftig in die Höhe und blüht dann schon recht zeitig im Frühjahr.
Doch wieso hat sie solch unterschiedliche Namen? Der Name ‚Mondviole‘ kommt einerseits daher, dass die Blüten violett sind wie bei einem Veilchen, das lateinisch ‚Viola‘ heißt. Das Besondere an der Mondviole ist aber dieses: bei Sonnenuntergang, wenn der Mond aufgeht, beginnt die Pflanze wunderbar und sehr intensiv nach Veilchen zu duften. Tagsüber riecht man hingegen gar nichts. Mondveilchen oder Mondviole, ein sehr schöner und romantischer Name für ein eher unscheinbar blühendes Gewächs.
Aber woher kommt der andere, eher merkwürdige Name ‚Judassilberling‘? Aus den Blüten entwickeln sich die Samenstände. Im Gegenlicht sind die kreisrunden Samen in den flachen runden Schoten schon früh zu erkennen. Mit zunehmender Samenreife wird die Schale der Schoten immer dünner und trocknet schließlich ein. Nun sind die äußeren papierdünnen Schotenwände leicht abzulösen. Dies geschieht oft allein durch den Wind. Die innen in der Schote liegenden Samen können so zur Erde fallen. Übrig bleibt eine hauchdünne Scheidewand in der Schotenmitte. Diese runde, pergamentähnliche Haut glänzt silbrig und ähnelt so einem silbernen Geldstück, einem Silberling. Und bei Silberlingen ist in der christlichen Tradition der Gedanke an den biblischen Verräter Judas nicht mehr weit, der für seinen Verrat an Jesus Christus 30 Silberlinge eingeheimst haben soll. Da dieser Verrat just jetzt an Ostern stattgefunden haben soll, passt das natürlich umso besser zur aktuellen Blütezeit der Pflanze.
Die Mondviole brachte mich darauf, auch andere Pflanzen hinsichtlich ihres Namens mal genauer zu betrachten und siehe da, es gibt doch eine Menge an Merkwürdigkeiten. Bei Maiglöckchen ist ja noch alles klar: es ist ein im Mai blühendes Gewächs mit glöckchenartigen Blüten. Aber wie ist es mit dem allseits bekannten Gänseblümchen? Fressen Gänse es besonders gern? Auf lateinisch heißt es doch ‚Bellis perennis‘, das bedeutet „übers ganze Jahr schön“. Wie poetisch. Wieso dann auf Deutsch spröde ‚Gänseblümchen‘? Es hat in verschiedenen Regionen Deutschlands übrigens auch noch eine Vielzahl anderer Namen. Warum es ‚Gänseblümchen‘ genannt wird, scheint nicht eindeutig nachvollziehbar zu sein, einige Theorien vermuten, dass es aufgrund seiner weißen und gelben Farbe an Gefieder und Schnabel von Gänsen erinnere, andere vermuten, dass es bevorzugt auf Wiesen wachse, die als Gänseweiden genutzt wurden. Der Löwenzahn jedenfalls heißt so aufgrund seiner gezähnten Blattform, die eben an die Beißer eines Löwen erinnern soll. Und dann bei der Pusteblume, dem Samenstand des Löwenzahns, ist auch klar, woher der Name kommt. Wer hat die Samen nicht als Kind weggepustet? Manche Pflanzen bekamen ihren Namen nach der Heilwirkung, die man ihnen zuschrieb wie das Scharbockskraut, das gegen Skorbut helfen sollte oder das Lungenkraut gegen Lungenleiden.
Viele Pflanzen wurden auch nach ihrem Aussehen benannt wie die Lampionblume, das Herz Mariä, der Rittersporn oder das Löwenmäulchen. Aber was ist mit der Fetten Henne, dem Männertreu oder dem Vergissmeinnicht? So könnte man noch endlos weiter überlegen, aber das Wetter ist schön und statt grauer Theorie und Überlegungen gehe ich lieber in den Garten und kümmere mich um meine Blumen, denn dort wächst auch das Frühlingshungerblümchen.
Martina Volmer
Martina Volmer stammt aus Paderborn. Nach dem Studium der Geografie/Landschaftsökologie in Münster führte ihr Weg weiter westlich in den Kreis Borken mit seinen faszinierenden Moorlandschaften. Seit dem Jahr 2000 ist sie in Vreden, zunächst im Hamaland-Museum, jetzt im kult tätig. Hier digitalisiert sie die Museumssammlung. Wenn der Garten noch Zeit für andere Hobbies übriglässt, dann ist sie mit Vorliebe in der Natur unterwegs, wo sie Wanderungen unternimmt und fotografiert. Auf Reisen lernt sie gern andere Landschaften kennen. Auch Flohmärkte oder Gartenmessen werden mit Interesse durchstöbert. Allerdings verbringt sie ihre Freizeit auch gern zuhause mit einem guten Buch und einem leckeren Tee dazu.

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